NÖ: Arbeitskampf bei Schöller-Bleckmann

 

Im niederösterreichischen Ternitz wehren sich die Arbeiter des Stahlrohproduzenten Schöller-Bleckmann gegen die Einführung des 4-Schicht-Betriebes. Aufgrund des Widerstandes wurde der Plan der Unternehmensleitung vorerst zurückgezogen. Allerdings wurden vier Arbeiter gekündigt und 14 weitere mit Kündigung bedroht.


Das Schöller-Bleckmann-Werk in Ternitz, Bezirk Neunkirchen, produziert rostfreie Stahlrohre und hat etwa 400 Beschäftigte. Die Werksleitung hat die Umstellung auf einen 4-Schicht-Betrieb geplant; seit Februar sind diese Pläne bekannt geworden. Die Arbeiter der betroffenen Abteilung haben gegen diese Verschlechterung eine Unterschriftenliste organisiert, die von den meisten unterschrieben wurde.

Der Schichtführer Murat Kapçak sagt (gegenüber der Zeitung Yeni Hayat) zum geplante 4-Schicht-Betrieb: „Meine Kollegen und ich haben uns dagegen gewehrt. Denn wir haben schon in der Vergangenheit im 4-Schicht-Betrieb gearbeitet und wissen, unter welch schwierigen Umständen gearbeitet werden muss. Das hat unsere Familien und uns negativ beeinflusst. Insgesamt sind wir 21 Arbeiter, 18 von ihnen haben mit Nein gestimmt. Wir haben eine Liste erstellt und dem Betriebsrat übergeben. Er hat diese Unterschriftenliste dem Abteilungsleiter überreicht. Daraufhin wurden vier Kollegen entlassen."

Die Betriebsleitung hat jeden Arbeiter, der gegen den 4-Schicht-Betrieb unterschrieben hat, ins Büro gerufen und Druck zur Rücknahme der Unterschrift gemacht; als Konsequenz soll sie den Arbeitern mit Kündigung gedroht haben. Die Arbeiter sind aber standhaft geblieben. Letzten Endes hat die Unternehmensführung die Einführung des Mehrschichtbetriebes wieder abgesagt, aber eben, als Einschüchterungsmaßnahme, die vier Arbeiter gekündigt. Die Arbeiter kämpfen nun dafür, die Kündigung ihrer Kollegen wieder rückgängig zu machen.

Murat Kapçak: „Wir wehren uns weiterhin. Die Firmenleitung hat inzwischen 30 bis 40 Leiharbeiter eingestellt. Ich glaube nicht, dass unsere entlassenen Kollegen wieder eingestellt werden. Trotzdem, wir haben mit der Absage des 4-Schicht-Betriebes einen wichtigen Sieg errungen. Immer noch versucht die Firmenleitung die Arbeiter in Vier-Augen-Gesprächen unter Druck zu setzen. Auf der einen Seite versichert sie die Absage der Pläne, auf der anderen Seite macht sie Druck auf die Arbeiter. Die Firmenleitung versucht neue Verträge mit uns abzuschließen, um sich abzusichern. Mit den neuen Verträgen wird es möglich sein, dass sie jene Arbeiter, die sich gegen den Mehrschichtbetrieb wehren, fristlos zu entlassen. Das ist eine Falle."

Zur Zusammensetzung der Arbeiter sagt Kapçak: „Es gibt in unserer Abteilung mehr Einheimische als Migranten. Drei der Entlassenen sind sogar Einheimische, der vierte ist Kurde. Sie sind seit 21, 8, 6 und nochmal 6 Jahren in der Firma."

Und zur Haltung des Betriebsrates: „Er war drei Wochen verschwunden. Sein Stellvertreter beteuerte uns gegenüber, dass es nicht möglich sei, mit dem Chef zu reden, da dieser viel zu aufgeregt sei. Sie haben uns nicht unterstützt. Es wäre sogar nicht übertrieben, wenn wir behaupten, dass der Betriebsrat bei der Entlassung des Kollegen Hasan seine Finger im Spiel hatte."

Hasan Orhan, einer der gekündigten Arbeiter, sagt (ebenfalls gegenüber Yeni Hayat) zu den Gründen: „Die Ursache ist die, dass die Firmenleitung in den Arbeitern lediglich Zahlen sieht und keinen Widerstand seitens der Arbeiter sehen will. Es geht um Folgendes: Wir haben uns gegen den 4-Schicht-Betrieb gewehrt, weil wir in der Vergangenheit für eine gewisse Zeit mit diesem Schichtmodell gearbeitet haben. Dieser Schichtbetrieb ist nicht nur aufreibend, sondern führt auch dazu, dass die Wochenendruhen, Feiertage und Überstundenauszahlungen gestrichen werden. Darunter leidet auch das Sozial- und Familienleben. Mit einem Strich will man die hart erkämpften Rechte zunichte machen. Deswegen haben wir uns dagegen gewehrt."

Zur (zumindest vorläufigen) Rücknahme des Planes und zu seiner Kündigung sagt Hasan Orhan: „Die Firmenleitung scheint vor der entschlossenen Haltung der Arbeiter kapituliert zu haben. Sie hat gemeinsam mit dem Betriebsrat verkündet, dass der 4- oder 5-Schicht-Betrieb nicht umgesetzt werden wird. Das ist natürlich erfreulich, doch fehlt uns der Glaube. Denn vier Arbeiter wurden gekündigt. Die restlichen 14 Arbeiter, die ebenfalls gegen den 4-Schicht-Betrieb unterschrieben haben, sind nervös. Der Chef hatte damit gedroht, alle zu entlassen. Falls die Pläne nun tatsächlich abgesagt wurden, wieso werden die Entlassenen nicht wieder eingestellt? Immer noch werden die Arbeiter einzeln angesprochen und unter Druck gesetzt. Außerdem glaube ich nicht, dass das der Grund für meine Entlassung gewesen ist. Meine Kollegen denken das gleiche. An meinem ersten Arbeitstag nach dem Urlaub wurde ich ins Büro der Firmenleitung bestellt. Ich hätte nicht gedacht, dass ich der erste sein würde, der entlassen wird. Ich war nicht direkt involviert in die Unterschriftenkampagne, habe sie aber unterstützt. Trotzdem bin ich der erste gewesen, der entlassen wurde. Ich bin gemeinsam mit dem Betriebsrat ins Büro gegangen. Der Chef hat Folgendes gesagt: ‚Ich hab von euch etwas verlangt, ihr habt abgelehnt, ich werde euch alle entlassen. Vier von euch werden jetzt entlassen, die restlichen sobald sich die neuen Arbeiter eingearbeitet haben'. Wir haben versichert, dass es zu keinen Produktionsverzögerungen kommen wird und dass wir auch bereit seien, Überstunden zu machen, um die Aufträge rechtzeitig zu erfüllen. Doch der Chef wollte deswegen das neue Schichtmodell einführen, um eben keine Überstunden zahlen zu müssen. Er hat mir auch angelastet, dass ich immer gegen die Interessen der Firma handle. Doch bis zu dem Zeitpunkt hatte ich keine einzige Diskussion mit der Firmenleitung geführt."

Und was sagt der Betriebsrat dazu? Hasan Orhan: „Er hat nur gemeint, dass die Abteilung ohne die erfahrenen Arbeiter die Aufträge nicht erfüllen kann. Der Chef hat darauf geantwortet, dass er das schon irgendwie hinkriegen wird und dass er lieber mit Leuten arbeitet, die er einschätzen kann. Meine Entlassung hat auch wesentlich damit zu tun, dass ich bei der letzten Betriebsratswahl kandidiert habe. Ich habe die Firma nun verklagt und werde meine Rechte einfordern. Eine gerichtliche Entscheidung steht noch aus."

Natürlich ist das Unterzeichnen einer Unterschriftenliste kein legitimer Kündigungsgrund. Allerdings kann es leicht sein, dass die Firmenleitung eben einen anderen Grund vorschiebt oder etwas konstruiert. Und die Richter/innen des kapitalistischen Staates entscheiden nur zu oft für die Konzerne und gegen die Arbeiter/innen. Das kann umso leichter der Fall sein, wenn die betroffenen Arbeiter/innen von der Gewerkschaft nicht wirklich unterstützt werden. Umso wichtiger ist die (möglichst aktive) Solidarität und Unterstützung der anderen Arbeiter/innen, von innerhalb und außerhalb des Betriebes.

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