Afghanistan: Das US-Debakel und das Grauen der imperialistischen Herrschaft

 

 

31.08.2021

 

Die Bilder, die aus Afghanistan seit Mitte August gekommen sind, können nur Ekel und Empörung hervorrufen. Das Debakel der US-Armee und des von ihr unterstützten Regimes hat eine Welle der Panik unter der Bevölkerung in Kabul ausgelöst. Tausende von Afghan/innen eilten zum Flughafen, um zu fliehen, sobald sie hörten, dass die Taliban kommen. Aber die erste Reaktion der amerikanischen Soldaten war, ihnen den Zugang zum Flughafen zu versperren, sodass mehrere Menschen erschossen oder zerquetscht wurden. Danach hat das US-Militär zwar Evakuierungen in aller Eile organisiert. Aber es ließ tatsächlich die meisten derjenigen im Stich, auf die es sich seit Jahren verlassen hatte, und all diejenigen, die einfach daran geglaubt hatten, dass die USA Afghanistan die „Demokratie“ bringen würden und die jetzt mit der berüchtigten Taliban-Diktatur konfrontiert werden. Hinzu kam ein Anschlag auf den Flughafen von Kabul, der durch den IS, einen ebenso barbarischen Rivalen der Taliban, ausgeübt wurde. Und die Liste der Schrecken, die sich in Afghanistan ereignen werden, ist wahrscheinlich noch nicht abgeschlossen.

 

Aber das Abscheulichste ist dieser Krieg, der seit mehr als zwanzig Jahren unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung geführt wurde und dessen erstes Opfer das afghanische Volk ist, und zwar durch die Ausschreitungen der Taliban und der amerikanischen Armee.

 

Die US-Armee gab vor, die Taliban zu bekämpfen, diese reaktionären bewaffneten Banden, die dem afghanischen Volk und insbesondere den Frauen ihre Diktatur wieder aufzwingen wollen. Aber es sind die amerikanischen Führer selbst, die dieses Monster geschaffen haben. In den späten 1970er Jahren finanzierten und bewaffneten sie die islamistischen Milizen, die gegen die sowjetische Besetzung Afghanistans kämpften. Später wandten sich diese Milizen gegen die USA und kamen sogar einmal an die Macht. Doch nach ihrer Vertreibung sind sie nach zwanzig Jahren amerikanischer Militärbesetzung wieder da.

 

Während dieses zwanzigjährigen Kriegs haben die USA versucht, sich auf alle möglichen Cliquen zu stützen, auch auf die korruptesten und reaktionärsten, um den Anschein eines afghanischen Staates und einer afghanischen Armee zu erwecken. Sie haben dafür 2.000 Milliarden Dollar ausgegeben. Es ging nicht darum, Schulen, Krankenhäuser oder Infrastrukturen zu bauen, die das Leben der Menschen verändern und ihnen Perspektiven für ein besseres Leben gegeben hätten!

 

Nach 2.500 toten amerikanischen Soldat/innen, mehr als 200.000 toten Afghan/innen und Millionen von Vertriebenen und Flüchtlingen lassen die USA ein Pulverfass zurück. Sie haben sich nicht nur mit der Rückkehr der Taliban abgefunden, sondern zählen nun auch auf sie, um die als noch gefährlicher geltenden IS-Milizen zu bekämpfen.

 

Letztendlich, obwohl die USA eine Unsumme für den Krieg in Afghanistan ausgegeben haben, waren sie nicht in der Lage, die Rettung von wenigen zehntausend Afghan/innen zu organisieren. Was hätte es gekostet, eine echte Luftbrücke zu organisieren, um sie zu retten? Ein Tropfen im Vergleich zu dem, was für Bomben und andere Kriegsmaschinen ausgegeben wurde.

Vor einem Monat waren die Vereinigten Staaten außerdem nicht einmal fähig, der haitianischen Bevölkerung zu helfen, die nur wenige hundert Kilometer von der amerikanischen Küste entfernt ist und gerade von einem Erdbeben heimgesucht wurde. Genauso wenig haben sie ihnen vor zehn Jahren bei dem letzten Erdbeben geholfen, bei dem 200.000 Menschen ums Leben kamen und die gesamte Hauptstadt Haitis zerstört wurde. Auch hier hätte ein winziger Bruchteil des Geldes, das die US-Armee für das Töten, Zerstören und Bombardieren in Afghanistan ausgegeben hat, ausgereicht, um dieses kleine Land, das ärmste auf dem amerikanischen Kontinent, wieder aufzubauen, und das ist auch heute noch nicht der Fall, nicht einmal teilweise.

 

Das ist die imperialistische Weltherrschaft in ihrem ganzen Horror.

 

Alles, was in Afghanistan geschieht, betrifft uns, die Arbeitenden Europas, auch deshalb, weil die westlichen Führer - die in erster Linie für das Chaos dort verantwortlich sind - es auch gegen uns verwenden werden, um hier von der sozialen Unzufriedenheit abzulenken.

Kaum hatten die Taliban in Kabul wieder Fuß gefasst, sprachen nämlich Nehammer und Kickl von einer neuen Migrationswelle, die es zu stoppen gelte. Keine Grenze wird diese Menschen aufhalten, die vor dem Tod fliehen und ihr Leben und das ihrer Kinder retten wollen. Eine grundlegende menschliche Lösung wäre, dass sie sich dort niederlassen können, wo sie wollen, und dass einige von ihnen zu Freunden oder Familienmitgliedern ziehen, die bereits ausgewandert sind. Doch die westlichen Staats- und Regierungschefs ziehen es vor, Migrant/innen als Sündenböcke zu benutzen.

Sie werden versuchen, die Arbeitenden noch weiter zu spalten, indem sie diejenigen aus Afghanistan, aber auch alle aus arabischen, türkischen oder allgemein muslimischen Regionen stigmatisieren. Die Arbeitenden dürfen sich also nicht in die Irre führen lassen und müssen ihre wahren Feinde erkennen.

Das Schicksal, das die Vereinigten Staaten, unterstützt von allen westlichen Staaten, Afghanistan zufügen, ist das Bild der Welt, das sie uns aufzwingen. Solche Tragödien können nur mit dem Sturz des Kapitalismus auf dem gesamten Planeten aufhören, auch wenn diese Aussicht heute weit weg erscheinen mag. Die erste Voraussetzung, damit diese Hoffnung Wirklichkeit wird, ist, dass wir, die Arbeitenden der imperialistischen Metropolen, alle westlichen Militärexpeditionen verurteilen, die unter dem Deckmantel der humanistischen Hilfe verkauft werden, und die tatsächlich nur dazu beizutragen, das Elend und den Terrorismus zu verstärken.

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