Südafrika: vor einer neuen Arbeiter/innen/partei?

 

In Erinnerung haben viele noch den Streik der Platin-Bergwerkarbeiter 2012 in Südafrika, während der die Polizei in Marikana auf die Streikenden schoss und mehrere Arbeiter tötete. Bei vielen Arbeitenden hat dieses Massaker einen Schock verursacht. Denn es ist eine „linke“ Regierung, die das Land seit 20 Jahren regiert (eine Allianz des Afrikanischen Nationalkongresses ANC von Nelson Mandela, der Kommunistischen Partei Südafrikas und des Gewerkschaftsbunds), die das angeordnet hatte.

 

Das hat aber die Arbeiter/innen/klasse nicht entmutigt. Vor einem Jahr, im Juli 2014, begann ein neuer wichtiger Streik um die Löhne von mehr als 220.000 Arbeitern der Metall-, Eisen- und Stahlindustrie und anderer Branchen, der von der Metall-Gewerkschaft Numsa geleitet wurde.

 

Von Anfang an war es ein kämpferischer Streik mit Aufmärschen, Demonstrationen, „fliegenden“ Streikposten, Sperrungen von Straßen und so weiter. Der Streik störte besonders die Produktion bei Toyota, General Motors und Ford. Nach vier Wochen Streik nahm die Unternehmerschaft eine Verhandlung an. Am 29. August wurde so ein Abkommen unterzeichnet: eine Lohnerhöhung von 10% pro Jahr in den nächsten drei Jahren für die niedrigsten Gehälter und Erhöhungen von 7,5% bis 10% für die anderen.

 

Aber es war nicht das Ende des Streiks, denn die Chefs der Kleinbetriebe akzeptierten das Abkommen nicht und ein großer Teil der Streikenden dieser Kleinbetrieben wurden ausgesperrt. Diese Aussperrung dauerte sechs Monate. Erst im Dezember 2014 befahl ein Gericht das Ende der Aussperrung und die Bezahlung der Löhne. Letztendlich akzeptierte Numsa eine Lohnerhöhung von 8% in den Kleinbetrieben. Und es gab trotzdem noch Vergeltungsmaßnahmen und viele Streikende wurden entlassen.

 

Dieser Streik hat auch eine große politische Folgewirkung gehabt. Denn in derselben Periode, in November 2014, wurde Numsa aus dem Gewerkschaftsbund Südafrikas ausgeschlossen. Der Hauptgrund dieses Ausschlusses war die Entscheidung von Numsa, in Dezember 2013, fünfzehn Tage nach dem Tod von Nelson Mandela, mit dem ANC zu brechen. Numsa hat ebenfalls angekündigt, dass sie beabsichtigte, eine neue Arbeiterpartei zu gründen.

 

Numsa hat ihre Entscheidung so gerechtfertigt: die Verantwortung des ANC am Massaker an den Streikenden des Platinbergwerks im August 2012; die permanente Korruption ihrer Führer; ihre „neo-liberale“ Wirtschaftspolitik; und schließlich die Tatsache, dass der ANC seit langem sogar die Ziele reformistischen Charta der Freiheit von 1955 verrät, die das Programm der Anti-Apartheid-Bewegung war.

 

Dieser Ausschluss ist für die Arbeiter/innen/bewegung ein wichtiges Ereignis. Numsa ist die wichtigste und die kampfbereiteste der 18 Gewerkschaften von Cosatu, die 2.200.000 Mitglieder zählt. Sie hat die offizielle Unterstützung von sieben oder acht andere Gewerkschaften. Und man kann schätzen, dass hinter Numsa insgesamt fast eine Million gewerkschaftlich organisierte Arbeiter/innen stehen. Sie stellt sich selbst als „rote“ Gewerkschaft da und beruft sich in ihren Statuten auf die „Grundsätze des Marxismus-Leninismus“. Sie lässt ihre Kader die Klassiker des Marxismus lesen, darunter zum Beispiel die Broschüre von Lenin „Was tun?“, aber auch Texte von Mao, von Stalin und zeitgenössischer Vertreter/innen verschiedener post-marxistischer oder Anti-Globalisierungs-Tendenzen wie Samir Amin oder Marta Harnecker. Kürzlich hat sie sie auch einen Artikel von Ernest Mandel „über die Avantgarde-Parteien“ lesen lassen.

Numsa organisierte im August 2014 eine internationale Konferenz unter dem Motto: „Bauen wir unsere eigene Bewegung für den Sozialismus auf; lernen wir von den Kämpfen der anderen“. Sie lud 81 politische Organisationen aus 28 Ländern ein. Nur 40 internationale Gäste nahmen tatsächlich teil. Darunter waren regierende linke Parteien wie aus Bolivien und anderen südamerikanischen Ländern und europäische Parteien wie „Die Linke“ aus Deutschland, die französische Linksfront und die griechische Syriza.

 

Das alles stellt also folgende Frage: Wird die Initiative von Numsa zur Geburt des politischen Werkzeuges führen, das die südafrikanische Arbeiter/innen/klasse braucht, eine revolutionäre Partei, um den Kapitalismus zu stürzen? Oder wird sich Numsa von ihren Beziehungen mit einigen der verächtlichsten Reformisten beeinflussen lassen. Oder wird diese Initiative zur Schaffung einer neuen reformistischen Partei führen, wie zum Beispiel die brasilianische Arbeiterpartei PT von Lula, die vor 20 Jahren geschaffen wurde und jetzt gegen die Arbeitenden regiert. Die Zukunft wird es zeigen. Man kann zumindest hoffen, dass die aktuelle Entwicklung günstig ist, um die Mobilisierung und Politisierung der Arbeiter/innen/klasse voranzutreiben.

 

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