Antworten auf die Flüchtlingskrise

 

 Seit Monaten ziehen hunderttausende Flüchtlinge nach und vor allem durch Österreich. Viele Lohnabhängige fürchten einen weiteren Druck am Arbeitsmarkt und eine verstärkte islamische Gegenkultur in Österreich. Wie können Antworten im Sinne der Arbeitenden aussehen?


Kein Flüchtling begibt sich aus Spaß auf diese gefährliche „Reise“. Sie fliehen vor Kriegen oder vor Elend in ihren Herkunftsländern. Dafür verantwortlich sind vor allem die imperialistischen Großmächte, besonders USA und EU. Die EU zerstört durch ihre Agrar- und Fischereipolitik die Lebensgrundlagen von Millionen Menschen in Afrika. Die islamistischen Mörderbanden im Irak und in Syrien sind durch die Politik der USA und durch direkte finanzielle Unterstützung durch Saudi-Arabien und Katar (mit Duldung der USA) groß geworden.

Die einzige langfristig erfolgversprechende Antwort auf die Flüchtlingskrise ist die Bekämpfung der Ursachen: also die Beendigung der kapitalistischen Ausbeutung der armen Länder und die Niederlage der US-Interventionen und des Islamismus im Nahen Osten. Für die Kosten, die die Flüchtlingsströme bis dahin auslösen, sollte nicht die Allgemeinheit zahlen, sondern die verantwortlichen Großkonzerne der USA und der EU. Und auch in Österreich gibt es genug Firmenbeteiligungen und Immobilien, die Saudi-Arabien oder Katar gehören und die enteignet werden können.

 

Antworten auf Lohndruck

Natürlich gibt es auf dem Arbeitsmarkt ein Problem. Bereits jetzt sind 400.000 Menschen in Österreich arbeitslos, in Wien sind es sogar offiziell bereits 15%. Für die ärmsten 10% der Arbeitenden sind in den letzten 15 Jahren die Reallöhne um 33% gesunken. Über 400.000 Kinder leben in Österreich unter der Armutsgrenze. Durch zehntausende Flüchtlinge wird der Druck bei Löhnen und Arbeitsbedingungen weiter steigen, durch gut qualifizierte Syrer auch in besseren Jobs – und das ist auch genau das, was die Kapitalist/inn/en wollen.

In Deutschland will die Regierung offensichtlich die schrumpfende Bevölkerung durch gut qualifizierte Syrer ausgleichen. Und konservative Politiker und Kapitalvertreter reden dort bereits davon, dass der Mindestlohn für Flüchtlinge aufgehoben werden soll. Auch in Österreich deuten Aussagen der Wirtschaftskammer in die Richtung, dass die Kapitalist/inn/en die Flüchtlinge als Lohndrücker benutzen wollen. Und sie nutzen die medial vorherrschende Flüchtlingsfrage, um still und heimlich weitere Angriffe auf Arbeitszeitregelungen und im Sozialsystem durchzuziehen.

Schuld an Lohndruck und Sparpolitik sind nicht die Flüchtlinge, sondern die Kapitalist/inn/en. Viele Flüchtlinge gehörten zwar in ihren Herkunftsländern zu den Bessergestellten (denn die ärmeren Bevölkerungsteile können die hohen Kosten für die Flucht in der Regel nicht aufbringen). In ihren Zielländern werden die meisten Flüchtlinge, so sie Jobs finden, aber Teil der Arbeiter/innen/klasse sein.

Wir haben Interesse daran, dass sie nicht ausgegrenzt, sondern integriert und Teil der Arbeiter/innen/bewegung werden und mit uns gemeinsam für ordentliche Löhne und Arbeitsbedingungen kämpfen. Was wir brauchen sind eine Erhöhung des Mindestlohnes, eine Beendigung von Leiharbeitsverhältnissen, eine Arbeitszeitverkürzung und eine Aufteilung der Arbeit auf alle bei gleichem Lohn (finanziert aus den riesigen Konzerngewinnen); dann können auch die Flüchtlinge positiv in den Arbeitsprozess integriert werden.

 

Arbeiter/innen/bewegung statt Islamismus

Bei vielen löst es Unbehagen aus, dass etwa 80% der der Flüchtlinge der letzten Monate alleinreisende junge Männer sind. Lassen sie ihre Familien im Stich? Sollten sie nicht lieber ihr Land gegen den „Islamischen Staat“ verteidigen? In vielen Fällen können sich Familien nur leisten, ein Familienmitglied nach Europa zu schicken – und da die Flucht für junge Frauen zu gefährlich ist (und konservative Familientraditionen alleinreisende Frauen auch gar nicht akzeptieren), wird ein Mann losgeschickt. Und seien wir uns ehrlich: Auch bei uns würden nicht alle als Helden gegen mörderische Fanatiker in den Krieg ziehen, sondern würden viele sich in Sicherheit zu bringen versuchen.

Nicht wenige einheimische Arbeiter/innen oder solche, die vor längerer Zeit aus (Süd-) Osteuropa zugewandert sind, fürchten, dass durch die Flüchtlinge eine islamische Gegenkultur in Österreich verstärkt wird, die sie schon bei so manchen Türken und Tschetschenen als unangenehm empfinden. Gemeint sind damit meist ein konservatives Frauenbild, geringschätziges Verhalten gegenüber Frauen, aggressives Machoverhalten, Belästigungen gegenüber österreichischen oder osteuropäischen Frauen (die als leicht zu habende „Nutten“ angesehen werden), intolerante Religiösität, wie sie bei der einheimischen Bevölkerung nur noch bei einer winzigen Minderheit anzutreffen ist.

All diese Dinge bestehen und es wäre falsch, sie als „kulturelle Vielfalt“ zu beschönigen. Solche konservativen Haltungen sind frauenfeindlich und der Islamismus ist ein Todfeind der Arbeiter/innen/bewegung. Als solcher muss er von den Lohnabhängigen bekämpft werden. Aber nicht durch Pauschalurteile gegen alle Menschen aus islamischen Ländern! Aus all diesen Ländern gibt es auch fortschrittliche Menschen und sie müssen wir unterstützen.

Die Wiener Polizei hat vor ein paar Wochen tatenlos zugesehen, wie kurdische und türkische Aktivist/inn/en der Arbeiterbewegung in Favoriten von islamistischen Schlägern mit Eisenstangen angegriffen wurden. Im Gegensatz dazu muss die Arbeiter/innen/bewegung die Zusammenarbeit mit fortschrittlichen Kräften aus der Türkei, Syrien etc. suchen. Wir müssen immer mehr Lohnabhängige aus islamischen Ländern davon überzeugen, dass es mehr bringt sich für die gemeinsamen Interessen der Arbeiter/innen zu engagieren als sich von religiösen Predigern auf ein islamisches Paradies vertrösten zu lassen.

Eric Wegner und Max Hoffmann

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