Am 20. Jänner werden wir also befragt: Soll die Wehrpflicht durch ein Berufsheer ersetzt werden? Beide Seiten diskutieren über die „Sicherheit Österreichs", den Katastrophenschutz und die Zivildiener im Sozialbereich. Einige ganz entscheidende Aspekte kommen in der ganzen Debatte aber fast nicht vor.
Das Militär und der Staatsapparat insgesamt sind nichts Neutrales. Natürlich verurteilt die Justiz auch einmal einen Schläger, kann man die Polizei rufen, wenn man bedroht wird, oder wird das Bundesheer bei einer Überschwemmung eingesetzt. Das sind aber nicht die eigentlichen Aufgaben dieser Einrichtungen. Ihre wichtigste Funktion ist der Dienst für die herrschende Klasse – und das sind im Kapitalismus die Besitzer/innen von Industrien, Banken, Hedgefonds und anderen Konzernen. Die Justiz, die Polizei und eben auch das Militär sichern ab, dass diese Gesellschaft so bleibt, wie sie ist.
Die Funktion von Militär
Das passiert durch eine Gerichtsbarkeit, die Eigentumsdelikte wie Diebstahl relativ stark, Gewaltdelikte wie Vergewaltigung relativ gering bestraft – und die Spekulanten und die zerstörerischen Machenschaften von Managern meist unbestraft lässt. Die Oberschicht wird von Justiz und Polizei generell mit Samthandschuhen angefasst, weil die auch mehr Einfluss, bessere Rechtsanwälte und ähnliches hat.
Die Polizei hat auch die Aufgabe, gegen aufmüpfige Teile der einfachen Bevölkerung vorzugehen. Das beginnt bei Tierschützer/inne/n, die irgendwelchen Firmen auf die Nerven gehen, oder bei Fußballfans, die eine Sportveranstaltung stören. Sie werden dann polizeilich und gerichtlich schikaniert und verfolgt. Und das geht weiter bei Protesten der lohnabhängigen Bevölkerungen gegen schlechte Arbeits- und Lebensbedingungen. Wie brutal die Polizei in Demonstrationen der Arbeitenden hineinprügelt, konnten wir in den letzten Monaten in Spanien und Griechenland sehen.
Das Militär ist sozusagen die Reserve der herrschenden Klasse. Wenn die Polizei zur Unterdrückung von Streiks und Protesten nicht mehr ausreicht, wird die Armee gegen die Arbeitenden eingesetzt – wie etwa vor zwei Jahren in Frankreich. Auch in Österreich trainieren bestimmte Einheiten des Bundesheeres immer wieder den Einsatz gegen Demonstrant/inn/en und sogar für Bürgerkriegssituationen. Die Offiziersschicht, die eng mit der herrschenden Klasse verbunden ist, ist diejenige, die solche Einsätze gegen die Bevölkerung dann durchsetzt.
Wehrpflicht oder Berufsheer?
Die ÖVP, die lange für einen NATO-Beitritt war, und die FPÖ sind für die Beibehaltung der Wehrpflicht, weil sie den jungen Männer Patriotismus und Disziplin einbläuen wollen und weil die Wirte und Geschäfte im ländlichen Raum um ihre Kundschaft aus den Kasernen fürchten. Die SPÖ steht für die EU-konforme Modernisierung der kapitalistischen Armee und will eine „Profiarmee", die besser für Auslandseinsätze im Rahmen der EU einsetzbar ist.
Beides finden wir falsch. Wir sind grundsätzlich gegen die Armee der herrschenden Klasse – egal ob in Form einer Wehrpflichtigenarmee oder in Form eines Berufsheeres. Denn beide Formen sind Werkzeuge der Kapitalist/inn/en gegen die arbeitende Bevölkerung. Was aber sagen wir dann zur Volksbefragung am 20. Jänner?
Aus Sicht der Arbeiter/innen/klasse spricht gegen die Wehrpflicht, dass die jungen Männer dort schikaniert und nationalistisch beeinflusst werden und dass es auch im jetzigen Bundesheer einen erheblichen Berufsheerkern gibt, der das Sagen hat. Gegen ein Berufsheer spricht aus Sicht der Arbeitenden, dass es besser und öfter an Auslandsinterventionen im Interesse der herrschenden Klasse teilnehmen würde. Vor allem aber ist ein Berufsheer noch leichter gegen die Lohnabhängigen im eigenen Land einsetzbar – denn ähnlich wie Polizisten sind Berufssoldaten eine eigene abgehobene Schicht, die von ihrem Job materiell abhängig sind, während ein Metallarbeiter, ein Eisenbahner oder ein Krankenpfleger, der nur kurz seinen Präsenzdienst ableistet, in der Regel weniger bereitwillig etwa gegen Streikende vorgeht.
Dass ein Berufsheer leichter gegen die Arbeiter/innen im eigenen Land einsetzbar ist, zeigt auch die österreichische Geschichte: Im Februar 1934 hat ein Berufsheer in Oberösterreich, Wien, Niederösterreich und der Steiermark auf die Arbeiter/innen geschossen, die sich gegen die Einrichtung der Diktatur von Dollfuß gewehrt haben. Insgesamt überwiegen aus Sicht der Arbeitenden die Argumente gegen ein Berufsheer.
Forderungen
Wir sind grundsätzlich gegen das kapitalistische Militär. Eine einfache Abschaffung des Bundesheeres ist allerdings unmöglich, solange der Kapitalismus existiert. Die herrschende Klasse würde dann einfach die Polizei aufrüsten – wie wir das in Österreich mit der so genannten
„B-Gendarmerie" auch schon hatten, die 1952 „zur Bekämpfung von Unruhen" gebildet wurde.
In Bezug auf das Bundesheer stellen wir folgende Forderungen:
* Abschaffung der Kasernierung,
* Einführung der 5-Tage-Woche für Soldaten,
* Ausbezahlung eines Gehaltes in der Höhe des Mindestlohnes,
* Schaffung einer Soldatengewerkschaft,
* Abschaffung auch der jetzigen Berufsheerkomponente im Bundesheer,
* Wahl der Offiziere durch die Mannschaften.
Natürlich würden diese Forderungen die Offiziersschicht abschaffen und die Verfügungsgewalt der herrschenden Kapitalist/inn/enklasse in Frage stellen. Genau das wollen wir auch, damit das Heer nicht mehr für die Herrschenden einsetzbar ist. Und wenn die Arbeitenden die Macht der Konzerne und Banken brechen wollen, werden sie ohnehin den kapitalistischen Staatsapparat zerstören und eigene Organisationsstrukturen aufbauen.